Smart City Index: Wien ist das Maß aller Dinge

Smart City Index: Wien ist das Maß aller Dinge

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Die Sache mit den Smart Cities ist eine äußerst komplexe. Das geht schon damit los, dass allein der Begriff “Smart” unglaublich schwammig ist. Wir erleben es in vielen Bereichen der Tech-Branche, dass oft leichtfertig alles mit dem Zusatz “smart” etikettiert wird, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Dazu kommt aber außerdem, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt, wie man aus einer Stadt eine solche Smart City macht. Es gibt nicht die perfekte Infrastruktur-Strategie und keinen Plan, nachdem jede Stadt identisch vorgehen könnte. Außerdem müssen viele Schritte nahezu gleichzeitig bewältigt werden, damit eine Smart-City-Strategie auch wirklich funktionieren kann.

Ein Beispiel dafür seht ihr gerade in der E-Scooter-Frage. Wir bekommen ein Gesetz, welches uns erlauben wird, diese Kisten regulär auch auf deutschen Straßen nutzen zu dürfen. Gleichzeitig hauen sich aber auch die unterschiedlichen Lobby-Vereine die Köpfe ein. Während der E-Scooter-Lobby die Ansätze der Regierung noch nicht weit genug gehen, haben die Fußgänger-Lobby-Vereine das Gefühl, dass das Leben des Fußgängers zukünftig deutlich gefährlicher wird.

Vermutlich liegen sogar beide Parteien richtig damit, denn logischerweise ist es gerade für ältere und eingeschränkte Fußgänger schwieriger, wenn Menschen mit diesen elektrisch angetriebenen Flitzern die Bürgersteige der Städte bevölkern. Also muss man andere Hebel ansetzen, damit alles funktioniert. In diesem Fall müsste man dafür sorgen, dass man allen Fortbewegungsmitteln jenseits von Autos mehr Platz einräumt. Würde man von drei Autospuren eine für Fahrräder und E-Scooter reservieren, wäre allen gedient — okay, die Autofahrer werden das anders sehen. Denen muss man es also auch gleichzeitig schmackhafter machen, auf einen E-Scooter oder auf öffentliche Verkehrsmittel auszuweichen, um die Städte zu entlasten.

Roland Berger Smart City Index 2019

Ihr seht also, dass die Nummer ziemlich komplex ist und wir haben jetzt gerade nur einen kleinen Teilaspekt angesprochen. Die Unternehmensberatung Roland Berger befasst sich seit Jahren mit Zukunftstechnologien und auch ganz speziell mit der Smart City. Im vorletzten Jahr gab es den ersten Smart City Index des Unternehmens, bei dem seinerzeit 87 Großstädte aus der ganzen Welt berücksichtigt und bewertet wurden. In diesem Jahr hat man das auf 153 Städte ausdehnen können.

Wer sich den Report ansehen möchte, findet ihn als PDF-Datei hier. Bei Roland Berger setzt man auf ein ganzheitliches Konzept für Smart Cities, welches sehr viele verschiedene Facetten berücksichtigt und nach dem die Städte dann bewertet werden. 

Bei Roland Berger bemängelt man, dass bislang 90 Prozent der betrachteten Großstädte keine ganzheitliche Smart-City-Strategie erarbeitet hätten. So kann man sich zwar darüber freuen, dass die Liste zwar mittlerweile auf 153 Städte angewachsen ist, die meisten Metropolen sind aber nach wie vor ohne komplettes Konzept. Weiter wird bemängelt, dass einige Städte zwar vorzeigbare Strategien erarbeitet hätten, die Umsetzung aber Schwächen aufweist oder schlicht zu langsam erfolgt.

Den Spitzenplatz im Ranking nimmt — wie im Vorjahr — Wien ein. Auf Platz 2 folgt ebenfalls eine europäische Hauptstadt mit London, danach dann belegt St. Albert in Kanada den dritten Platz.

Unter den Top 15 dieser 153 Städte befinden sich neben Wien und London mit Paris, Santander und Birmingham immerhin insgesamt fünf europäische Metropolen. China bringt es gleich auf sechs Städte, während die USA, auf die wir in Sachen Tech immer gerne schauen, lediglich Chicago als Stadt mit einer wirklich akzeptablen Smart-City-Strategie vorzuweisen hat.

Lediglich diese 15 Städte können ein komplettes Strategie-Paket für Smart Cities vorweisen und von diesen 15 können sich nur die ersten 8 rühmen, auch bei der Umsetzung bereits ordentliche Fortschritte zu verzeichnen. Auf Der Seite der Unternehmensberatung Roland Berger erklärt Thilo Zelt, wieso sich Wien erneut den Platz an der Spitze des Rankings sichern konnte:

So überzeugt Wien nicht nur mit vernetzten Lösungen für Mobilität und Umwelt, einem fortschrittlichen E-Health-Ansatz und – ein Novum in den deutschsprachigen Ländern – offenen Verwaltungsdaten, sondern hat auch eine standardisierte Fortschrittskontrolle für alle Smart City-Projekte eingeführt. Gesteuert wird alles durch die zentrale Smart City Agency, die technische Kompetenzen bündelt und zudem die Interessen von Stadt, Service- und Lösungsanbietern sowie der Regierung koordiniert. Thilo Zelt

Weiter lobt man in seinem Bericht, dass London beispielsweise Parkbänke und Straßenlaternen einsetzt, die sowohl WLAN-Hotspots sind, Sensoren für das Messen der Luftqualität besitzen und man an den Laternen auch E-Autos aufladen könne. Für Singapur erwähnt man lobend das “digitale Identifikationssystem, intelligente Beleuchtungssysteme, autonome Shuttles und Telemedizin”.

Vor allem in Asien sehen wir schlüssige und ganzheitliche Konzepte für Smart Cities, Deutschland spielt nahezu überhaupt keine Rolle. Mit Berlin schafft es lediglich eine einzige deutsche Stadt überhaupt ins erste Drittel der 153 bewerteten Metropolen. Eine Bewertung, die allerdings kaum jemanden überraschen dürfte, der sich mit Smart Cities im Allgemeinen und Smart Cities in Deutschland im Speziellen auseinandersetzt.

In unserem Land wie auch in so ziemlich allen anderen Ländern der Welt mangelt es oft gar nicht mal am Willen, sich für die Zukunft aufzustellen, sondern mehr an der Umsetzung. Wie bereits erwähnt, scheitern daran aktuell selbst die Städte, die über starke Smart-City-Konzepte verfügen. Bei Roland Berger hat man dafür auch ausmachen können, woran das liegt. Nicht daran, dass man die geplanten Dinge nicht umsetzen möchte oder kann, sondern dass man in einem Kompetenz-Dschungel erst einmal erkennen müsste, wer wo für was zuständig ist.

Wer beispielsweise ein Konzept für E-Mobilität erarbeiten möchte, muss immer auch ein Verkehrsmanagementsystem sowie ein intelligentes Lademanagement mit einplanen, sagt Thilo Zelt in seiner Analyse. Oft weiß man also nicht, wer explizit zuständig ist und unterschiedliche Behörden werden nicht entsprechend koordiniert.

Wie das besser geht, sähe man seiner Meinung nach in Wien und Lodon, wo nämlich mit der Smart City Agency (Wien) bzw dem Chief Digital Officer (London) zentrale Entscheidungsorgane geschaffen wurden, die die Koordination vornehmen und demzufolge auch wenig überraschend den Smart City Index anführen.

Ein weiterer wichtiger Themenkomplex in einer ganzheitlichen Smart-City-Strategie wären die rechtlichen Rahmenbedingungen, die vielfach erst noch geschaffen werden müssen. Hier muss die Balance zwischen Rechtssicherheit und Datenschutz gelingen, damit ein solches Konzept funktionieren kann.

Ihr seht also, dass ein komplettes, schlüssiges Konzept für eine Smart City auf vielen Säulen stehen muss und viele Hebel gleichzeitig bedient werden müssen. Wir haben nun mal nicht die Situation, dass wir auf dem Reißbrett Städte neu erschaffen können, sondern müssen sehen, wie wir die vorhandenen Städte entsprechend umbauen. Hier und da sieht man die Bestrebungen auch in Deutschland, aber es ist leider noch sehr viel Luft nach oben. Das ändert auch dieser Smart City Index nicht, aber er liefert viele Ansätze, an denen sich die Metropolen dieses Planeten durchaus orientieren können.

So sieht nach Roland Berger das Framework für ein ganzheitliches Smart-City-Konzept aus

Quelle: Roland Berger via t3n

Technologie

via Mobilegeeks.de http://bit.ly/2yr4A2y

March 11, 2019 at 10:12PM